MusikWoche

Recorded & Publishing

In der "Fair Share"-Debatte um eine gerechtere Verteilung der Streamingerlöse meldet sich jetzt der [Verband unabhängiger Musikunternehmer*innen (VUT)](/company/vut-verband-unabhaengiger-musikunternehmerinnen) zu Wort.


"Streaming ist zur wichtigsten Quelle von Vergütungen für Musikaufnahmen geworden. Mittlerweile sind allerdings auch unbeabsichtigte, eher fragwürdige Auswirkungen des jetzigen Abrechnungsmodells erkennbar", so der VUT-Vorstandsvorsitzende [Mark Chung](/person/mark-chung_b). "Es ist Zeit, diese zu analysieren und bei negativen Auswirkungen über Verbesserungsmöglichkeiten nachzudenken. Zwar ist der Einfluss von Technologien auf Musik nicht neu - schon die Spieldauer von 7-Inch-Vinyl-Singles hat die Länge von Radiohits definiert - aber bei Abrechnungsmodellen müssen wir uns natürlich nicht für alle Zeiten der erstbesten Lösung unterwerfen."


Das derzeitig angewendete "Pro Rata"-Modell verteilt Vergütungen ausschließlich auf Grundlage der Gesamtzahl der gestreamten ersten 30 Sekunden. Das individuelle Hörverhalten der Nutzerinnen und Nutzer wird bei diesen Vergütungen nicht berücksichtigt. Hierdurch werden nach Ansicht des VUT nicht nur "zweifelhafte Anreize bei der Musikkreation geschaffen", sondern es entstünden auch "unangemessene Verschiebungen bei der Verteilung der von Hörer*innen gezahlten Beträge".


Das "Pro Rata"-Abrechnungsmodell resultiere demnach in "unbeabsichtigten, für die Entwicklung neuer Musik eher fragwürdigen Anreizen".


Da ausschließlich die ersten 30 Sekunden über Vergütung, Chartposition, sichtbare Streamingzahlen undsoweiter entscheiden, mache es ökonomisch gar keinen Sinn, längere Musikwerke zu produzieren. Es werde deshalb zunehmend so produziert, dass die auf Anhieb eingängigsten Teile eines Werks in die ersten 30 Sekunden verlagert werden. "Einleitungen, Entwicklung, Komplexität und Dynamik im Aufbau werden ökonomisch eher benachteiligt", wie der VUT konstatiert.


Darüber hinaus gebe es für Titel in Hintergrund- und Einschlaf-Playlisten oder ähnlichem häufigere und somit höhere Vergütungen als für "von Hörer*innen gezielt ausgewählte Werke". Auch Hintergrundmusik habe ihre Berechtigung, jedoch favorisiere das aktuelle Abrechnungsmodell Musik, "die nicht stört, nicht fordert, nicht außergewöhnlich, neuartig oder bahnbrechend ist", bemängelt der VUT.


Auf den Streamingplattformen zahlen alle Hörer momentan grundsätzlich denselben monatlichen Betrag, unabhängig davon, wieviel Musik sie hören. Das sei ein Merkmal des Angebots und "per se kein Problem", publiziert der Indie-Verband. Aber beim "Pro Rata"-Verteilungsmodell "werden die Vergütungen von Hörer*innen, die weniger oder gezielter Musik hören, effektiv auf die Werke, die von Vielhörer*innen genutzt werden, umverteilt". Zudem lade das "Pro Rata"-Modell "geradezu dazu ein, mit Fake- und gehackten Accounts, leise abgespielten Dauerschleifen etc. Streaming-Charts und Vergütungen zu manipulieren", gibt der VUT zu Protokoll und nimmt in diesem Zusammenhang explizit auf Justin Biebers Aufruf an seine Fans Bezug, seine Single "Yummy" auch nachts im Schlaf zu streamen.


Der VUT verweist außerdem auf die Ankündigung des französisches Streamingdienstes Deezer im September 2019, dass er technisch in der Lage sei, kurzfristig auf ein nutzerbasiertes Abrechnungsmodell (ein sogenanntes "User-Centric Payment System", kurz: UCPS)...

VUT für nutzerbasierte Abrechnung beim Streaming