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Jahreswirtschaftsbericht des Bundesverbands Phono für 2002: Trotz DVD-Boom bleibt das Minus zweistellig

Zum fünften Mal in Folge beendet die deutsche Tonträgerwirtschaft ein Jahr mit hohen Verlusten. fällt das Minus auch für 2002 zweistellig aus. Damit fehlen der Musikbranche im Vergleich zu 1997 nominal 25,5 Prozent und inflationsbereinigt sogar 31,2 Prozent des Umsatzes.

ch26.02.2003 10:46
Musste erneut eine Hiobsbotschaft überbringen: Gebhardt
Musste erneut eine Hiobsbotschaft überbringen: Gebhardt

Der Umsatzrückgang allein im Jahr 2002 betrug 11,3 Prozent oder 250 Millionen Euro. In der Summe setzte die deutsche Branche also 1,97 Milliarden Euro um. Beim Tonträgerabsatz fällt das Minus etwas geringer aus: Statt 242 Millionen Einheiten lieferten die im Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft organisierten Plattenfirmen nur 223,7 Millionen Tonträger aus - 7,6 Prozent weniger als noch im Jahr 2001. Die Gründe für das beängstigend schlechte Ergebnis fasste Gerd Gebhardt, Vorsitzender der deutschen Phonoverbände, bei der Vorstellung der Zahlen zusammen: "Vor allem massenhafte Musikkopien, deren Zahl im vergangenen Jahr weiter angestiegen ist. Allerdings haben uns auch die allgemeine Wirtschaftslage, eine im gesamten Handel spürbare Kaufzurückhaltung und Unsicherheiten in der internationalen Entwicklung zu schaffen gemacht." Als Hauptproblem identifiziert, wenngleich noch nicht annähernd bewältigt, bleibt das illegale Kopieren von CDs größter Feind der Branche: Im Jahr 2002 wurden 486 Millionen CD-Rohlinge verkauft. Nimmt man, wie die Phonoverbände, einen Musikanteil von 55 Prozent an, wären das 267,3 Millionen CD-Rohlinge, die nur mit Musik bespielt wurden - 61 Prozent mehr als die Zahl der verkauften CD-Alben. "Wenn man ab morgen Brötchen kopieren könnte, hätte dann irgendjemand Zweifel daran, dass das für die Bäckerbranche ein ökonomisches Problem wäre?", fragt sich Gebhardt. "Nie ist soviel Musik gehört worden wie heute - nur bezahlt wird dafür seltener. Musikkopien sind paradoxerweise Beleg für die Attraktivität von Musik, und ein Zusammenhang zu Umsatzentwicklungen liegt auf der Hand." Diese Zusammenhänge soll eine von den Phonoverbänden in Auftrag gegebene Studie zum Musikkopieren in Deutschland belegen. Im April soll dieser Report vorliegen. Einziger Lichtblick bei soviel schlechten Nachrichten ist wie schon im letzten Jahr die Entwicklung der DVD: Mit dreistelligen Zuwachsraten hat sie laut Gebhardt "im Markt maßgebliche Impulse gesetzt". Ein zartes Pflänzchen, das die Branche sorgsam hege; inzwischen seien rund 3000 Musik-DVDs auf dem Markt erhältlich - mit wachsender Tendenz. Am Gesamtgeschäft sind Musik-DVDs, DVD-Audios und SACDs erst mit 1,46 Prozent der Stückzahlen beteiligt. Integriert man jedoch die Musikvideos auf DVD und VHS in die Jahresbilanz, so beliefe sich das Minus "nur" noch auf 10,1 Prozent. Die Segmente mit den größten Einbußen waren übers Jahr gesehen vor allem Singles, CD-Alben und die TV- und Funk-beworbenen Compilations. Maxis büßten 24,3 Prozent ein, Alben 9,2 Prozent und die Hitkopplungen sogar 18,5 Prozent. Einzig Mid-Price-Alben konnten sich leicht um 7,9 Prozent steigern. So bleibt beim Handelsabsatz aller Longplay-Formate ein Minus von 8,2 Prozent. Dagegen konnte ein deutliches Plus des Absatzwegs Premiums (Sonderproduktionen für einzelne Auftraggeber) den allgemeinen Verkaufsrückgang ein wenig abfedern. Zusätzlich konnte der verstärkte Einsatz von Kopierschutzsystemen bei CDs einen noch größeren Umsatzeinbruch verhindern. Nach Verbandsangaben wurden im Jahr 2002 zwischen 40 und 50 Millionen Tonträger mit Copy-Protection ausgeliefert. Unter anderem habe der Verkaufserfolg von Herbert Grönemeyers "Mensch" gezeigt, dass kopiergeschützte CDs die Fans nicht vom Kauf des Produkts abschrecken. "Die Technologie ist von Musikfans längst akzeptiert, ebenso wie bei DVDs und Software", so Gebhardt. Dennoch schlug sich das erneute Negativergebnis der deutschen Musikwirtschaft auch bei den Arbeitsplätzen nieder: Die im Verband vertretenen Firmen bauten im vergangenen Jahr rund 6,6 Prozent ihres Personals ab. Statt 12.200 Beschäftigte wie noch 2001 hatten die Plattenfirmen nur noch 11.400 Mitarbeiter auf der Lohnliste. Auch im Handel schlug die Krise durch: Die Phonoverbände rechnen mit einem Job-Abbau von 500 Stellen. Zusammen gerechnet mussten Handel und Industrie innerhalb der letzten drei Jahre ihren Personalstand um etwa 3000 Mitarbeiter verringern. Und der Kostendruck auf die Unternehmen bleibt weiterhin groß.

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